Aus den relativen Sicherungen des Lebens heraus in die völlige Unsicherheit
(d.h. in Wahrheit in die absolute Sicherheit und Geborgenheit der Gemeinschaft Jesu);
aus dem Bereich der endlichen Möglichkeiten (d.h. in Wahrheit der unendlichen Möglichkeiten);
in den Bereich der unendlichen Möglichkeiten (d.h. in Wahrheit in die einzig befreiende Wirklichkeit)
ist der Jünger geworfen.
Dietrich Bonhoeffer
Ausgelegt !
Auch beim wiederholten Hören und Lesen dieses Abschnitts aus dem Matthäusevangelium bleibt das Verhalten der beiden Brüderpaare Simon und Andreas sowie Jakobus und Johannes unverständlich. Von jetzt auf sofort alles hinter sich zu lassen, das bisherige Leben „über Bord zu werfen“, das erscheint nicht nur unverständlich, sondern geradezu unvernünftig.
Es sei denn, sie hätten schon vorher Jesu Botschaft gehört und ihr Glauben geschenkt: Das Himmelreich ist nahe. Wenn das Himmelreich nahe ist, das verändert alles, da betrachtet man das Irdische auf einmal mit anderen Augen – oder?
Ich kann es nicht, mein Leben so radikal zu ändern. Ich möchte es auch nicht. Ist dann mein Glaube an das nahende Himmelreich kleiner, vielleicht, weil in den letzten 2.000 Jahren davon so wenig spürbar gewesen ist? Vielleicht. Vielleicht kann Nachfolge aber auch ganz anders aussehen, dort stattfinden, wohin mich Gott in meinem Leben gestellt hat. Die Geschichte von der Berufung der Jünger muss ich ernst nehmen, das heißt aber nicht, ihr Verhalten zu kopieren. Das geht nicht. Ernst nehmen bedeutet aber, dem Ruf Jesu immer wieder zu folgen: Kehrt um!
Text: Michael Tillmann
in image 10/16 zu Matthäus 4,12-23